Die Bundesdeutschen haben in der Nachkriegszeit viele Jahrzehnte gebraucht, um zu begreifen, dass die Verteidigung der eigenen „Mutter Erde“ nicht allein mit Geld und guten Worten zu bewerkstelligen ist, sondern im äußersten Fall auch echte reale Opfer kosten kann. Auch wenn der bittere Kelch eines heiß gewordenen „Kalten Krieges“ – Gott sei ´s gedankt – an uns vorüber gegangen ist und die Opfer ganz überwiegend fern der Heimat im unwirtlichen Afghanistan gebracht wurden, dürfte es keinen Zweifel daran geben, dass dies „unsere Soldaten“ waren, die hier am Hindukusch für Freiheit und Heimat ihr Leben gelassen haben.
Welche Verpflichtung unsere engsten Verbündeten, die US-Amerikaner, Engländer und Franzosen gegenüber „ihren“ Gefallenen posthum empfinden, sticht jedem Besucher von Washington, London oder Paris unübersehbar ins Auge, wenn er über die großen Prachtstraßen und Sichtachsen der genannten Metropolen flaniert. Hier ist ehrendes Gedenken nicht nur erste Bürgerpflicht, sondern eherner Bestandteil einer unumstrittenen Staatsräson. Dass wir die Gefallenen des 2. Weltkrieges aus Gründen der politischen Pietät in die Obhut des „Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge“ legen, lässt sich aus historischer Rücksichtnahme ja noch verstehen, aber dass wir die Gefallenen der Bundeswehr, der ersten wahrhaftig demokratischen Armee der deutschen Geschichte, in einem dunklen Wald weit entfernt vom Zentrum unserer Hauptstadt „verstecken“, ist nicht nur absolut unverständlich, sondern ein bitterer Affront gegenüber den Gefallenen und ihren Angehörigen.
Der vor fast genau zwei Jahren, 40 Kilometer vom Berliner Stadtzentrum entstandene „Wald der Erinnerung“ in der Gemeinde Geltow/Schwielowsee kann niemals ein vollwertiger Ersatz für ein aufrichtiges Gedenken an zentraler Stelle sein, sondern ist im Gegenteil unübersehbarer Ausdruck einer „verfehlten Gedenkkultur“ (Reinhold Robbe*), die es einfach nicht schafft, sich in ein anerkennendes Verhältnis zur eigenen Armee und zu seinen „Bürgern in Uniform“ zu setzen. Ein Land, das seinen Verteidigern sogar in der bittersten Stunde die Rückendeckung verweigert, muss sich nicht wundern, wenn der ohnehin rare militärische Nachwuchs bald vollständig ausbleibt.
*Reinhold Robbe (SPD) war von 2005 bis 2010 Wehrbeauftragter des Deutschen Bundestages und war der einzige namhafte Politiker der offen Kritik an der „beschämenden“ Standortentscheidung übte.