Schrumpfkuren

Es ist Fastenzeit! Für die gläubigen Christen unter uns eine Zeit der Buße, der inneren Einkehr und der rituellen Speisegebote. Die Säkularen berührt das wenig. Ihr Wissen um das rituell-liturgische Fasten ist nur noch rudimentär und letztlich nur eine ferne Erinnerung an die Zeit der großen Hungerkrisen des vorindustriellen Zeitalters. Dass das kollektive Fasten in unserer Gegenwart dennoch wieder en vogue ist, hat durchaus etwas mit diesen historisch-religiösen Remineszenzen zu tun, hat aber seinen Ursprung nicht in einer religiösen, sondern in einer ökologisch fundierten Weltsicht. Die Menschheit, so das große Credo, muss angesichts der herannahenden Klimakatastophe schlanker werden. Und zwar schnell, denn die Zeit drängt und die Umkehr duldet keine Kompromisse. – Aber wie ist das eigentlich? Kann man global vernetzte Ökonomien planvoll eindampfen? Lassen sich Gesellschaften, die es gewohnt sind, im Überfluß zu leben, gesundschrumpfen? „Schrumpfkuren“ weiterlesen

Strukturbruch statt Strukturwandel

Moderne Ökonomien leben vom Strukturwandel. Nur wenn die Produkte und Prozesse laufend überdacht und anhand der Marktlage überprüft werden, besteht Hoffnung auf Wachstum und Fortschritt. Treiber dieses Strukturwandels sind fast ausschließlich Unternehmer, die mit ihren Augen und Ohren am Kunden Neues entwickeln, Prozesse neu strukturieren und neue Märkte erschließen. Wenn der Staat flankierend dazu innovationsfreundliche Rahmenbedingungen setzt und regulatorische Belastungen richtig dosiert, entstehen immer wieder fantastische Erfolgsmodelle mit einem signifikanten Mehrwert für alle Bürger. – Was aber passiert, wenn Politik glaubt, besser zu wissen, was für die Wirtschaft gut ist und darüber hinaus sogar anfängt, Innovationszyklen zu stoppen und auf administrativem Wege neu aufzusetzen? Kann das gut gehen? Geht das wirklich: Strukturwandel ohne Markt durch die politische Hintertür? Oder erzeugen wir, wenn wir so weiter machen, nicht einen unumkehrbaren Strukturbruch? „Strukturbruch statt Strukturwandel“ weiterlesen

Get Brexit done

Seit dem 12. Dezember ist es amtlich: Die Briten sind raus! Raus aus der Europäischen Union. Raus aus einer supranationalen Gemeinschaft, der sie fast 47 Jahre angehörten. Es hat geschlagene dreieinhalb Jahre gedauert um das Brexit-Votum des britischen Souveräns vom Juni 2016 auf die Zielgerade zu bringen. Dreieinhalb schwierige Jahre nicht nur für den Austrittskandidaten, sondern auch für die EU selbst. Vorgezogener Phantomschmerz auf der einen Seite und innerer Dissens über das Wie des Austritts auf der anderen Seite. Dann die Entscheidung in einer Art „zweitem Referendum“: Absolute Mehrheit für die Tories und Boris Johnson! – Was bedeutet der Brexit für Großbritannien? Waren die fast 50 Jahre „Vereinsmitgliedschaft“ nur eine historische Anomalie? Oder gibt es gar einen Weg zurück? Und was heißt der Brexit für die EU? Erleben wir den Anfang vom Ende der „ever closer union“ oder wohin geht die Reise ohne die Insulaner? In Richtung Superstaat oder in Richtung Staatenbund? „Get Brexit done“ weiterlesen

Homo hystericus

Panik geht um! Angst macht sich breit. Untergangsprophetien in der Dauerschleife. Und dazwischen immer wieder die hyperventilierenden Kinderscharen auf den Straßen und Plätzen. „Es ist fünf vor Zwölf!“, so der breite Tenor. „Wer jetzt nicht sofort umkehrt, ist mitschuldig am Weltuntergang!“ Manch aussenstehender Betrachter zögert noch und tröstet sich mit dem jugendlichen Überschwang der Klimabewegten. Das beruhigt sich schon wieder! Das zieht vorüber…! Doch es wird einfach nicht besser. Im Gegenteil: Das Europäische Parlament verkündet den „Klima-Notstand“, ruft nach der Notbremse und stimmt lauthals ein in den Chor der Apokalyptiker. – Was ist da los? Wo sind die Stimmen der Vernunft geblieben? Woher kommt dieses schroffe Entweder-Oder, dieses Apodiktische, dieses Rechthaberische in der Debatte? Kennen wir das nicht irgendwoher? „Homo hystericus“ weiterlesen

Rettet den Zins!

Wer kennt sie nicht? – die zumeist mit einem leisen Stoßseufzer verbundene Wendung: „Alles hat seinen Preis!“. Egal, ob wir  Schaufensterauslagen betrachten, Immobilienanzeigen studieren oder in Hochglanzbroschüren von Autohäusern blättern – überall springt uns das Preisschild ins Auge und offenbart uns die Grenzen unserer Konsumwünsche. Seit der letzten großen Finanzkrise 2007/08 bekommt dieses eherne Prinzip jedoch zunehmend merkwürdige Risse. Nicht etwa weil wir Güter und Dienstleistungen nicht mehr „bepreisen“ würden, sondern weil wir angefangen haben, ausgerechnet das allgegenwärtige Tauschmittel unserer Volkswirtschaften, nämlich das Geld, Schritt für Schritt von jeglichen Preisschildern zu befreien. -Was ist da los? Sind Volkswirtschaften ohne den Zins als Steuerungsinstrument überhaupt überlebensfähig? Oder nähern wir uns im Gegenteil mit der „Befreiung“ vom Zins nicht dem lang ersehnten sagenhaften Goldland, in dem Tag und Nacht (kostenlos) Milch und Honig fließt? „Rettet den Zins!“ weiterlesen

Deutschlands Gründungscharta

Überraschenderweise gibt es weltweit nur wenige Länder, in denen der Nationalfeiertag mit dem Verfassungstag zusammenfällt. In Europa würdigen nur die Dänen, die Norweger, die Polen* und die Serben ihre Verfassung mit einem offiziellen Nationalfeiertag. Selbst die beiden ältesten Verfassungsstaaten USA und Frankreich geben ihrem Unabhängigkeitstag bzw. ihrem „Revolutionstag“ den Vorzug. – Wie ist das bei uns? Wäre der 23. Mai eine ernstzunehmende Alternative zum 3. Oktober? Eignen sich „Verfassungen“ überhaupt als nationale Gedenkobjekte? Welchen Rang nimmt das Grundgesetz in unserer Erinnerungskultur ein? Für was steht eigentlich der 23. Mai 1949? Müssen wir diesem Tag erinnerungspolitisch nicht einen deutlich höheren Stellenwert einräumen? „Deutschlands Gründungscharta“ weiterlesen

Erhards Erbe

Wer sich heute, fast genau 70 Jahre nach der Gründung der Bundesrepublik Deutschland, nach den ehernen Fundamenten unseres Gemeinwesens erkundigt, stößt unweigerlich auf das Erhardsche Konzept der Sozialen Marktwirtschaft. Ein leider mittlerweile verblaßtes Konzept, das zwar in Sonntagsreden immer wieder bemüht wird, dessen tragende Elemente in der öffentlichen Debatte aber nur noch eine untergeordnete Rolle spielen. Stattdessen liest man im deutschen Blätterwald aktuell viel über die angeblich notwendige Renanimation sozialistischer Wirtschaftskonzepte. Statt Erhard scheint eher Marx wieder als Vordenker populär. Und statt sich zu fragen, welche marktwirtschaftlichen Impulse notwendig sind, um die vom Abschwung bedrohte Volkswirtschaft vor dem Abgleiten in die Rezession zu bewahren, wird breit über Enteignungen, Vergesellschaftungen und Kollektivierungen diskutiert. – Was ist da los? Wollen wir nach den verheerenden Resultaten der DDR-Ökonomie wirklich ein Marx-Revival?  Warum ist die Lernkurve bei diesem wiederholten Selbstbetrug so dramatisch flach? „Erhards Erbe“ weiterlesen

Milliarden-Roulette

Noch rollt sie, die Kugel. Etwas gebremster und auch schon etwas unrund, aber immer noch stetig im Kreis und mit dem typischen Rollgeräusch. Noch immer heißt es: Faites vos jeux! Und noch immer stapeln sich die Jetons in hohen Türmen auf dem Spielfeld. – Wenn es etwas gibt, dass die aktuelle Situation auf den internationalen Finanzmärkten besonders anschaulich umschreibt, dann ist es dieses Bild aus dem Innenleben des Spielcasinos. Hohe Einsätze! Hohes Risiko! Massive Wetten auf die Zukunft! Und ganz viel Vabanque auf den Spielfeldern des großen Geldes. – Was ist da los? Geht uns das was an? Achso, Casino-Kapitalismus! Nee! Vielleicht in den Börsensälen der Wall Street oder in den Banktürmen der Londoner City! Aber doch nicht bei uns! Sollen sie doch spielen die Zocker und Hasardeure! Wir bleiben solide, stehen jeden Morgen auf, gehen zur Arbeit, zahlen Steuern und ernähren uns fair und gesund. „Milliarden-Roulette“ weiterlesen

Royaler Glanz

In  unserer nüchternen, von sterilen Formen und rechenhaftem Pragmatismus geprägten Welt gibt es nur noch wenige Nischen, in denen sich das traditionelle Ritual mit feierlichem Glanz und wärmespendender Botschaft offenbart. Die durchgreifende Entzauberung unserer historisch-kulturellen Überlieferung erfasst zunehmend auch die letzten Rückzugszonen der großen Traditionen. – Die Widerstände gegen diesen latenten „Fortschritt“ sind – wenig überraschend – dort besonders groß, wo sich alte, gewachsene Institutionen hartnäckig dem Zug der Zeit widersetzen. Eine besonders widerständige Kraft in diesem stetigem Ringen um die Bewahrung des Überlieferten, ist die Monarchie. Eine Institution, die der (republikanischen) Moderne – trotz Anachronismus-Verdacht – einfach partout nicht weichen will. „Royaler Glanz“ weiterlesen